Pionier im Rallyesport

In den Anfangsjahren des Rallyesports zählten vor allem die Fähigkeit der Fahrer, wenn sie ihre Automobile über staubige Strassen und kurvenreiche Pässe jagten. Von den Gipfeln der Alpen über die Akropolis in Griechenland bis hin zur britischen RAC-Rallye und den 4000 Meilen quer durch Kanada – Longines war als offizieller Zeitnehmer stets mit dabei.
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Graham Hill (zweifacher Formel-1-Weltmeister und Gewinner des 24-Stunden-Rennens von Le Mans) im November 1965 mit einer Longines-Stoppuhr am Start der RAC-Rallye in England.
1950-1985
Rallyepiloten treten nicht auf einer künstlich angelegten Rundstrecke gegeneinander an, sondern sie fahren auf öffentlichen Straßen, die je nach Region, Jahreszeit und Witterung aus Asphalt, Schotter, Schnee oder Eis bestehen. Ihr Fahrzeug ist keine hochgezüchtete Rennmaschine, sondern ein gewöhnlicher Touren- oder Sportwagen in leicht modifizierter Form. Eine typische Rallyestrecke besteht aus einer Reihe von kurzen Wertungsprüfungen (bis etwa 50 km), in denen der eigentliche Wettkampf ausgetragen wird, sowie aus Verbindungsetappen, in der die Fahrer innerhalb einer vorgegebenen Sollzeit zur nächsten Wertungsprüfung gelangen müssen. Abweichungen von der Sollzeit werden mit Strafsekunden gebüßt. Die Piloten sind daher stets auf die Hilfe eines versierten Beifahrers als Navigator angewiesen.

Die erste Rallye, die nach dem Zweiten Weltkrieg ausgetragen wurde, war die Coupe des Alpes im Jahr 1946, eines der härtesten Wettbewerbe der Welt. Die Fahrer mussten rund 4500 Kilometer auf kurvigen Bergstraßen zurücklegen und dabei etwa hundert Pässe in den Alpen überwinden, wobei die höchsten auf rund 2800m Höhe führten. «Die schnell wechselnden Höhenunterschiede verlangten selbst einem trainierten Körper einiges ab. Die Ohren schmerzen», so der französische Co-Pilot Jean-François Jacob 1969, nach dem Sieg in einem Alpine A110. Das Rennen fand im September statt, wenn der Regen die Straßen glitschig und tückisch macht. Erdrutsche sowie plötzliche und unvorhergesehene Steinschläge konnten an den unerwartetsten Stellen zu gefährlichen Fallen werden. Schnee war ein weiterer Risikofaktor. «Er fällt nur in hohen Lagen und wandelt sich rasch in gefährlichen Matsch, der die besten Reifen herausfordert», hielt Navigator Jacob fest. «Auch das Risiko, durch technische Probleme zur Aufgabe gezwungen zu werden, ist immer latent vorhanden. Die nervliche Anspannung sowie die unvermeidbaren Zwischenfälle, die bei einem Wettbewerb von dieser Länge auftreten, (...) führen zu Müdigkeit und Schlaf. Verwegene Hoffnungen und Träume verwandeln sich rasch in harte Enttäuschungen. Doch nimmt man auch unvergessliche Erinnerungen mit.»
An Rallyes teilzunehmen, war für Jacob eine bereichernde Erfahrung: «Ich knüpfte wertvolle Freundschaften, lernte respektable und loyale Mitbewerber kennen und arbeitete Seite an Seite mit zahlreichen Idioten, mit überdrehten und waghalsigen Typen, deren Toleranz und gesunder Menschenverstand nicht größer war als der Abstand zwischen ihrer Schuhsole und dem Bremspedal.»
Für die Zeitnahme an den Rallyes hatte Longines die sogenannte Printogines, eine mechanische Stempeluhr mit einer Gangreserve von acht Tagen, entwickelt. Jeder Rallye-Teilnehmer erhielt eine Zeitkarte, die er an jedem Kontrollpunkt in einen Kartenleser einschieben musste. Per Tastendruck wurde die Aufzeichnung aktiviert. Gleichzeitig wurden die Daten auf einem Kontrollstreifen im Innern des Geräts erfasst. Diese Papierstreifen ermöglichten den Organisatoren die exakte Ermittlung der Strafsekunden und Rangfolge. Die Zeitnahmegeräte wurden im Freien aufgestellt und mussten auch bei Temperaturschwankungen von bis zu 50° C präzise arbeiten.

Die Printogines-Apparate reisten jedes Jahr rund um die Welt, von der Rallye Monte-Carlo zur brisanten Akropolis-Rallye in Griechenland und weiter bis zur 4000-Meilen-Rallye durch Kanada, um die Zeiten zu stoppen. «Nur wenigen Herstellern ist es bislang gelungen, ausreichend zuverlässige Aufzeichnungsgeräte zu entwickeln, die eine Präzision garantieren, die den Anforderungen der Regulierungen genügen», stellte Edmond Evard, offizieller Zeitnehmer des Automobil Clubs der Schweiz (ACS), zu den Longines-Instrumenten fest. In den 1970er-Jahren, im Anschluss an die Entwicklung einer hochpräzisen elektronischen Version der Printogines, wurde Longines zum offiziellen Zeitnehmer aller Rallyes der Weltmeisterschaftsserie ernannt.
Zeitmessung an der Akropolis-Rallye, Athen (Griechenland), 1965.
Der Alfa Romeo TZ Zagato am Start der Rallye des Roses, Antibes (Frankreich), 1966.
Das Siegerduo Jean-François Jacob und Jean Vinatier in einem Alpine A110 1600 am Longines-Zeitkontrollpunkt, Coupe des Alpes 1968.